Was Füsse mit Selbstliebe zu tun haben

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Heute möchte ich über ein Thema schreiben, das mir schon seit vielen Jahren sehr am Herzen liegt und eine wichtige Rolle in meiner täglichen Arbeit als Yogalehrerin und Thai Yoga Masseurin einnimmt. Wie es der Titel bereits verrät, geht es in diesem Blog-Beitrag um das Thema Füsse.
Wann hast du dich das letzte Mal um deine Füsse gekümmert? Weisst du, wie es im Moment gerade um deine Füsse bestellt ist? Falls es deine Umstände erlauben, lade ich dich ein, die Socken auszuziehen und deine Füsse (wieder) einmal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen:

1.     Wie geht es deinen Zehennägeln? Wachsen sie schön, sind sie evtl. von einem Pilz befallen oder existieren sie nur noch halb, weil sie dir nach dem letzten Trail Run abgefallen sind?

2.     Wie geht es deinen Zehengelenken? Sind sie beweglich, versteift oder entzündlich geschwollen? Wie gut kannst du deine Zehen spreizen? Und kannst du deine Finger von oben und von unten in die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zehen einfädeln ohne dass es schmerzt?

3.     Wie geht es deiner Fussmuskulatur, dem Längs- und dem Quergewölbe der Füsse? Verteilst du das Gewicht beim Stehen oder Gehen auf den ganzen Fuss oder belastest du deine Füsse einseitig, so dass bereits ein Hallux oder Fersensporn entstanden ist?

4.     Wie sieht die Haut an deinen Füssen aus? Ist sie geschmeidig und glatt oder trocken und rissig? Gibt es Stellen, an denen sich immer wieder Hornhaut bildet?

5.     Wie geht es deinen Fussgelenken? Sind sie beweglich oder durch das zu häufige Tragen ungeeigneter Schuhe ungünstig versteift? Knackt es in den Fussgelenken, wenn du die Füsse kreisen lässt? Wie gut kannst du deine Füsse flexen oder pointen?

Nach dieser kurzen Fussanalyse möchte ich ein wenig ausholen um zu erklären, warum mich das Thema Füsse bereits seit meiner Kindheit sprichwörtlich auf Schritt und Tritt begleitet. Aus meiner Primarschulzeit erinnere mich noch gut an einen obligatorischen Besuch beim Schularzt, der mit der Diagnose «Knick-Senk-Plattfuss» und der Bemerkung, ich würde früher oder später Einlagen tragen müssen, endete. Diese Diagnose kränkte mich in meinem kindlichen Stolz und führte dazu, dass ich mich infolgedessen standhaft weigerte, mich weiter mit dem Thema Füsse zu befassen. Während der restlichen Primarschulzeit interessierte mich einzig das «Wettrennen der Schuhnummern» mit meiner Freundin Eveline. Aus irgendeinem Grund wollte jede von uns die grösseren Füsse haben. Doch irgendwann hatte sie mich in diesem Rennen unweigerlich überholt und ich musste mich damit zufriedengeben, neben der kleinen Körpergrösse auch noch kleine Füsse zu haben.

Bereits in der Kindheit hatte ich beim Wandern öfters Blasen, doch diese ignorierte ich so gut es ging gemäss dem Motto «ein Indianer kennt keinen Schmerz». Es sollte also noch einige Jahre dauern, bevor ich mich intensiver mit dem Thema Füsse auseinanderzusetzen würde. Wie so oft im Leben begann ich mich erst dann um meine Füsse zu kümmern, als die Probleme einsetzten.
Nach der Matura war ich für acht Monate auf Arbeitseinsatz in Neuseeland und entdeckte dort das Joggen inkusive Trail Running für mich. Das Draussensein in der Natur bei Wind und Wetter, das Einfinden in den Rhythmus, die Fortbewegung aus eigener Kraft – das alles gefiel mir sehr und hilft mir auch bis zum heutigen Tag. Besonders wenn mich ein emotionales Thema beschäftigt, ist Joggen ein wunderbares Mittel für mich, um innert kurzer Zeit und nachhaltig die innere Balance wiederherzustellen.
Leider begann sich jedoch kurz nach meiner Rückkehr aus Neuseeland mein rechtes Knie zu melden und ich hatte meist schon nach kürzeren Jogging-Strecken so starke Knieschmerzen, dass ich das Joggen für mehrere Jahre ganz aufgeben musste. Eine ärztliche Diagnose endete wiederum in der Empfehlung für Einlagen. Nun, da ich wirklich Schmerzen hatte, sah ich das ganze Thema ein wenig anders als in jüngeren Jahren und liess mir schweren Herzens Einlagen anfertigen. Vermutlich lässt es sich jedoch an einer Hand abzählen, wie oft ich diese Einlagen effektiv getragen habe. Die Anschaffung der Einlagen fiel nämlich fast zeitgleich mit dem Beginn meiner Ausbildung zur Yogalehrerin, während derer wir von einer Yogalehrerin unterrichtet wurden, die auch eine Spiraldynamik-Expertin ist (Claudia Guggenbühl). Irgendwie war mir sofort klar, dass Claudia mir wegen der Fuss- bzw. Kniethematik helfen könnte. Ich buchte zwei bis drei Spiraldynamik-Termine bei ihr, während denen sie mir die Mechanik der Fussgewölbe und der Fussmuskulatur erklärte, meinen Stand und Gang analysierte und mir anschliessend ein paar wenige, aber effektive Übungen zur Kräftigung meiner Füsse mit auf den Heimweg gab. Wichtiger noch als die Übungen waren jedoch die Hinweise für den Alltag, d.h. für das korrekte Stehen und Gehen. So hatte ich beispielsweise beim Stehen und Gehen meinen rechten Fuss unbewussst immer ein wenig auswärts gedreht. Nachdem mir Claudia dies ins Bewusstsein gebracht hatte, musste ich anfänglich den Fuss pro Tag gefühlte Hundertmal wieder in die richtige Achse zurücksetzen, bevor sich mein Körper das neue Bewegungs- bzw. Haltungsmuster eingeprägt hatte. Lange Rede, kurzer Sinn: Meine Kniebeschwerden liessen innert kürzester Zeit rapide nach, so dass ich heute wieder nach Lust und Laune Joggen, Bergsteigen etc. kann. Und dies alles ganz ohne Einlagen!

Genau ein Jahr ist es nun her, seitdem ich auf meiner Winterexkursion nach Polen eine wunderbar inspirierende Kanadierin getroffen habe (Sue Reagan Kenney), die seit mehreren Jahren nur noch barfuss unterwegs ist und auch den Jakobsweg schon mehrmals barfuss begangen hat. Sue hat in der Zwischenzeit mehrere tolle Bücher veröffentlicht, eines davon über das Barfusslaufen und die vielen gesundheitlichen Vorteile, die das «barefooting» mit sich bringt.
Auf meine Anfrage hin zeigte mir Sue ihre Fusssohlen und ich durfte diese anfassen. Entgegen meiner Annahme waren Sues Fusssohlen wunderbar glatt und geschmeidig und gar nicht schwielig oder von dicker Hornhaut überzogen. Hornhaut bildet sich nämlich vor allem dann, wenn wir zu enges Schuhwerk tragen, das beständig an den Füssen reibt. Die Begegnung mit Sue animierte mich, auch wieder vermehrt barfuss unterwegs zu sein, wie einige von euch auf meinen Social Media Kanälen sicherlich schon mitverfolgen konnten.

Auch Yoga wird barfuss praktiziert und ist eine wunderbare Methode um die Füsse zu kräftigen, vorausgesetzt die Übungen werden richtig angeleitet und ausgeführt. In allen Standhaltungen ist die richtige Ausrichtung der Füsse von zentraler Wichtigkeit. Auf ein schlechtes Fundament kann nichts Stabiles gebaut werden. Aus diesem Grund achte ich immer sehr genau auf die Fussstellung der Teilnehmenden. Dies mag bisweilen ein wenig pingelig erscheinen, doch aus der oben geschilderten eigenen Erfahrung weiss ich nur zu gut wie mühsam es sein kann, ein einmal falsch einstudiertes Haltungsmuster zu korrigieren. Und wenn ich es im Yogaunterricht nicht mache, wird es vermutlich auch niemand anderes tun.

Eine andere wunderbare Methode, mit den eigenen Füssen in Kontakt zu kommen bietet die Thai Yoga Massage. Nicht umsonst beginnt diese Massage in der Regel mit den Füssen. Indem ich an den Füssen arbeite, kann ich bereits ganz viel über den Empfänger / die Empfängerin meiner Massage erfahren. Ist es jemand, der gut zu sich selber schaut? Der oder die sich Zeit nimmt, die eigenen Füsse zu pflegen und wertzuschätzen? Oder ist es jemand, der sich vielleicht tagtäglich so sehr für andere verausgabt, dass am Schluss des Tages einfach keine Zeit mehr bleibt, sich selber auch mal etwas Gutes zu tun, indem man sich beispielsweise einmal den eigenen Füssen widmen würde?

Weder im Yoga, noch in der Thai Yoga Massage geht es darum, dass wir “schöne” Füsse haben müssen. Unsere Füsse erzählen unsere Lebensgeschichte und es ist nichts als natürlich, dass die Füsse einer 80-Jährigen nicht mehr gleich jugendlich aussehen, wie die Füsse einer 20-Jährigen. Doch auf dem inneren Weg des Yoga geht es auch darum, dass wir lernen, uns selber so zu akzeptieren wie wir sind – mit unseren präsentablen und (vermeintlich) weniger präsentablen Seiten. So möchte ich jetzt zum Schluss diejenigen von euch ermutigen, die sich bisher noch nicht getraut haben, während des Yogas die Socken auszuziehen: Traut euch! Eure Fusssohlen sind ein Sinnesorgan, das einfach viel besser funktioniert, wenn wir ihm direkten Boden- bzw. Mattenkontakt erlauben – ohne Sockenbarriere. Je öfter wir barfuss gehen, desto feinfühliger wird dieses Sinnesorgan und desto vielfältiger werden die Eindrücke, die wir über die Fusssohlen empfangen können. Bei mir geht dies mittlerweile so weit, dass ich beim Nachhausekommen meist gleich Schuhe und Socken ausziehe und als erstes meine Füsse mal so richtig durchbewege, nachdem sie davor für kürzer oder länger im Schuhwerk eingesperrt waren.

So… Nun hoffe ich, dass ich euch einige neue Impulse rund um das Thema Füsse mit auf den Weg geben konnte und wünsche euch allen ein wunderschönes Winter-Wochenende. Und wer weiss – vielleicht dürfen eure Füsse ja dieses Wochenende sogar mal Bekanntschaft mit ein wenig Bodenfrost oder Schnee machen… :-)

Gerda ImhofKommentieren