Neue Inspiration für deine Metta-Meditation

 
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Diejenigen von euch, die mich ein wenig kennen, werden vermutlich mitbekommen haben, dass die Metta-Meditation seit einiger Zeit zu einem festen und wichtigen Teil meiner täglichen Meditationspraxis geworden ist. Für diejenigen, die hingegen noch nie von Metta-Meditation gehört haben – hier eine Kurzzusammenfassung der Praxis:

In der Metta-Meditation geht es darum, sich mit sich selbst und mit anderen Personen/Lebewesen in einer inneren Haltung von liebevoller Güte zu verbinden. Hierzu kann man Sätze wie die folgenden vier innerlich rezitieren:

  • Möge ich glücklich sein.

  • Möge ich mich sicher und geborgen fühlen.

  • Möge ich gesund sein.

  • Möge ich unbeschwert leben.

Traditionell beginnt man bei sich selbst, geht anschliessend zu einer nahestehenden Person, zu einer neutralen Person, zu einer schwierigen Person und am Schluss zu allen Wesen. Die Sätze werden dann wie folgt abgewandelt:

  • Mögest du glücklich sein.

  • Mögest du dich sicher und geborgen fühlen.

  • Mögest du gesund sein.

  • Mögest du unbeschwert leben.

  • Mögen alle Wesen glücklich sein.

  • Mögen sich alle Wesen sicher und geborgen fühlen.

  • Mögen alle Wesen gesund sein.

  • Mögen alle Wesen unbeschwert leben.

Das regelmässige Praktizieren der Metta-Meditation hat gemäss Anguttara Nikaya (Lehrreden des Buddha) zahlreiche positive Auswirkungen, wovon heute einige ein wenig abenteuerlich anmuten mögen 😊, andere jedoch schon nach kurzer Zeit des Praktizierens unmittelbar erfahrbar werden können:

  • Guter, tiefer Schlaf und müheloses Aufwachen

  • Keine bösen Träume

  • Von allen Lebewesen geliebt werden

  • Schutz durch himmlische Wesen

  • Schutz vor Feuer, Waffen und Gift

  • Mühelose Konzentration

  • Ein strahlender, heiterer Gesichtsausdruck

  • Ein angenehmer Tod

  • Wiedergeburt in der Wohnstätte Brahmas (wenn nicht höher)


Gerne möchte ich euch nun drei etwas speziellere Arten der Metta-Meditation für das 21. Jahrhundert vorstellen:

1) Metta-Meditation für draussen, für den öV oder für unruhige Umgebungen

Mit offenen oder geschlossenen Augen, im Sitzen, Liegen, Gehen oder Stehen lass deinen Geist zu Personen(gruppen), Tieren oder anderen fühlenden Wesen (z.B. Pflanzen) wandern. Sobald dir jemand oder etwas in den Sinn kommt, sende liebende Güte (metta) aus, indem du z.B. einen oder mehrere der obengenannten Sätze innerlich wiederholst. Nachdem du dies einmal oder mehrmals gemacht hast, lass deinen Geist wieder still werden und warte bis eine neue Personen(gruppe), Tier(e) oder andere Wesen in dein Bewusstsein dringen und beginne dann erneut mit dem Aussenden von liebender Güte.

Ein paar Beispiele aus meiner Morgenmeditation auf der Terrasse: Sende liebende Güte zu allen Vögeln, zu allen Autofahrern und Autofahrerinnen, zu allen Touristen und Touristinnen, zu allen Angestellten, zu allen Chefinnen und Chefs, zu allen Politikerinnen und Politikern, zu allen Menschen, die in dieser Stadt leben etc.

Das Tolle an dieser Meditation ist, dass man sich sogenannte «Ablenkungen» zu Nutze macht und diese gleich als Meditationsobjekt einsetzt. Die Meditation eignet sich auch hervorragend für laute Umgebungen, für das Unterwegssein im öffentlichen Verkehr oder im Auto oder für Spaziergänge/Wanderungen im Schweigen.

2) Metta-Meditation beim Nachrichten hören / sehen / lesen

Diese Meditations-Idee stammt von einem guten Freund, mit dem ich mich kürzlich über die Metta-Meditation unterhalten habe. Während des Nachrichtenhörens, -lesens oder -sehens sende liebende Güte zu den Menschen(gruppen), Tieren, Pflanzen etc., die in den Nachrichten erwähnt werden.

Beim Hören oder Sehen habe ich die Erfahrung gemacht, dass das Tempo eine echte Herausforderung darstellen kann. Wer etwas mehr Zeit haben möchte, beginnt diese Meditation vielleicht besser mit dem Lesen von Nachrichten.

3) Die „schwierige“ Person einmal anders gedacht

Ein sehr wertvoller Aspekt der Metta-Meditation ist bekanntlich die Integration von Personen(gruppen) zu denen man ein schwieriges/angespanntes Verhältnis hat. Vielleicht fällt dir gleich jemand ein, vielleicht mag es dir aber auch so wie mir ergehen und es gibt im Alltag wenige Personen, mit denen du ein wirklich schwieriges Verhältnis hast bzw. es fällt dir generell leicht, dich auch mit herausfordernden Personen in einer inneren Haltung von liebender Güte zu verbinden. Falls dies so sein sollte, versuche mal eine der folgenden Versionen der «schwierigen Person»:

  • Politiker/in der «falschen» Partei / Autokrat/in / Diktator/in
    Ist es dir möglich, auch einem Politiker einer dir fernstehenden Partei liebende Güte zu senden? Falls ja, gehe einen Schritt weiter und versuche auch «schlimmeren» Politikern liebende Güte zu senden. Vielleicht merkst du, wie sich nun langsam Widerstände in dir bereit machen.

    Mir ging es beispielsweise so, als ich mich in einer Morgenmeditation mit Chen Quanguo (chinesischer General, der für die Deportationen der Uighuren in China hauptverantwortlich ist) in liebender Güte verbinden wollte. Zuerst war mir dies wirklich unmöglich bzw. ich hatte einfach absolut keine Lust darauf. Dann jedoch erinnerte ich mich daran, das Verhalten von der Person zu trennen. Wenn ich mich mit ihm auf Seelenebene in liebender Güte verbinde, so heisst das noch lange nicht, dass ich sein Verhalten gutheissen muss. Ich anerkenne jedoch, dass auch er einen inneren edlen Kern / ein inneres Kind / eine Menschenwürde hat, mit dem bzw. mit der ich mich in liebevoller Güte verbinden kann.

  • Social Media / Email Spamer

    Vielleicht geht dir die obengenannte Idee doch ein wenig zu weit. Wie wäre es dann mit folgendem Versuch: Diese Form der Metta-Meditation kam mir heute spontan in den Sinn, als ich wieder einmal daran war, leicht genervt die zahlreichen «Hallo, möchtest du chatten»-Nachrichten von netten Herren von nah und fern aus meinem facebook-messenger zu löschen. Ziemlich «kalt» klickte ich bei einem nach dem anderen auf «delete». Nach etwa fünf bis sechs Wiederholungen hielt etwas in mir plötzlich inne. Irgendetwas fühlte sich nicht ganz richtig an. Ich merkte, dass ich diesen Herren natürlich nicht zurückschreiben werde, da ich dies nicht möchte und das in keine konstruktive Richtung führen würde. Aber ist es mir vielleicht möglich, diese nervigen «Spams» als positiven Anstoss für eine kurze «Metta-Pause» zu nutzen?

    Dies möchte ich in den nächsten Tagen ausprobieren. Wann immer ich in den nächsten Tagen eine nette Nachricht über einen angeblichen Lotto-Gewinn in Uganda oder eine sagenhafte Erbschaft in Tunesien erhalte, werde ich einen Moment innehalten, liebende Güte zum Urheber dieser Nachricht schicken und erst dann auf «Delete» drücken…

Falls du Lust hast, diese und ähnliche Meditationsformen unter meiner Anleitung in der nächsten Zeit zu praktizieren, gibt es in Kürze (21.2. – 23.2.) wieder ein «Mindful Yoga Weekend Retreat» im Lassalle-Haus, in dem noch ein paar Plätze frei sind.

Ansonsten empfehle ich dir gerne noch die Lektüre des folgenden Blog-Beitrags, in dem du ein paar weitere Hintergründe zur Metta-Meditation erfahren kannst: https://gerdaimhof.ch/blog/2019/6/9/was-hat-yoga-mit-buddhismus-zu-tun

Namasté

Gerda

Gerda Imhof1 Comment